Der 11. Anti-Korruptions-Tag des BAK in Illmitz
Warum werden Menschen korrupt? Welche Haftungen ergeben sich für Schäden, die durch korruptes Verhalten verursacht werden? Wie kann der Korruption schon im Vorfeld Einhalt geboten werden?
Dies waren die zentralen Fragen des 11. Anti-Korruptions-Tages des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK), der vom 7. bis 8. Juni 2017 in Illmitz stattfand.
Mag. Andreas Wieselthaler, MA MSc, Direktor des BAK, begrüßte die rund 120 Vertreterinnen und Vertreter aus der öffentlichen Verwaltung. Er rückte die gut funktionierende und lernbereite Verwaltung Österreichs als eine der besten der Welt in den Vordergrund. Er betonte aber, dass Compliance auch für sie ein wesentliches Tool zur weiteren Verbesserung ist.
In seinem Eröffnungsvortrag versuchte Prof. Günter Stahl vom Institute for International Business der Wirtschaftsuniversität Wien, die wesentlichen Charaktereigenschaften zu ergründen, die einen Menschen mit Führungsfunktion korrupt werden lassen. Die im Rahmen seiner Studie analysierten Manager waren dabei nicht klassisch psychopatisch im klinischen Sinne, aber sicherlich bis zu einem gewissen Grad narzisstisch. Eine bestimmte Charaktereigenschaft allein macht einen Manager laut Studie jedoch noch nicht korrupt. Persönlichkeit, Unternehmenskultur und die jeweilige Situation bestimmen die Korruptionsanfälligkeit. In vielen Fällen spielen Gruppendruck und sozial erwünschtes Verhalten eine ebenso entscheidende Rolle wie die Möglichkeit, Verantwortung nicht selbst tragen zu müssen, sondern abgeben zu können. Diversität im Top-Management könnte die Korruptionsanfälligkeit senken. Dr. Milda Zilinskaite und Dr. Christoph Miska von der WU Wien, die an diesen Forschungen mitarbeiteten, waren ebenfalls beim Anti-Korruptions-Tag vertreten.
Hon.-Prof. Dr. Eckart Ratz, Präsident des Obersten Gerichtshofes, widmete sich der Frage, wann vermeintlich korruptes Verhalten tatsächlich strafbar ist und ging dabei auf einige veröffentlichte Entscheidungen des OGH zu Amts- und Korruptionsdelikten ein. Wesentlich ist in vielen Fällen folgende Fragestellung: Wo ist die Gegenleistung bzw. wo ist der Vorteil? Reine Repräsentationsaufgaben können beispielweise schwer als korruptes Verhalten ausgelegt werden. Im Hinblick auf ein faires Verfahren und zur Vermeidung von Vorverurteilungen warnte der Präsident davor, mit Informationen allzu früh an die Öffentlichkeit zu gehen.
Haftungen von Beamtinnen und Beamten und Geldbußen für Unternehmen – beides betrifft auch das Korruptionsstrafrecht
Muss die Polizei für einen im Zuge eines lebensrettenden Einsatzes verursachten Schaden an einem Segelboot aufkommen, wenn vom Besitzer in der Folge Amtshaftungsansprüche geltend gemacht werden? Mit dieser und anderen Fragen beschäftigte sich Dr. Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, im anschließenden Vortrag. Er erläuterte die wesentlichen Elemente des Amtshaftungsgesetzes, des Organhaftpflichtgesetzes und des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes. Ausschlaggebend bei der Beurteilung des Fehlverhaltens einer Beamtin oder eines Beamten ist unter anderem das Verschulden der- bzw. desselben. Handelt es sich um eine entschuldbare Fehlleistung, muss die Beamtin bzw. der Beamte nicht für den Schaden haften. Einfach ausgedrückt: Immer rechtsgetreu und sorgfältig zu handeln ist die beste Empfehlung.
Hon.-Prof. Dr. Fritz Zeder, Abteilungsleiter im Bundesministerium für Justiz, erläuterte die Kernelemente des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes. Durch das vor 11 Jahren in Kraft getretene Gesetz kann über ein Unternehmen eine Geldbuße verhängt werden, wenn eine Entscheidungsträgerin bzw. ein Entscheidungsträger zugunsten des Unternehmens straffällig wird. Auch bei Korruptionsdelikten könnte ein Unternehmen zusätzlich zur Kasse gebeten werden, auch wenn es bislang keine entsprechenden Entscheidungen gab.
Können Fake News unsere Demokratie erschüttern?
Im Rahmen der Abendveranstaltung wurden die Themen Fake News sowie alternative und gefühlte Fakten beleuchtet. Wie kann man Lüge von Wahrheit unterscheiden und was passiert, wenn man das nicht mehr kann? Diese und andere Fragen stellte der Diskussionsleiter Mag. Brenner.
Egal ob News oder Fake News – zunächst muss man die Aufmerksamkeit der Leserin und des Lesers gewinnen. Öffentliche Stellen oder seriöse Medien bemühen sich, die Bürgerinnen und Bürger mit Fakten zu erreichen, wobei dies mit emotionalen Beiträgen natürlich einfacher ist. Die Menschen müssen sich aber in all der Informationsflut darüber klar werden, was ihnen wichtig ist und womit sie ihre Zeit verbringen wollen. Weiters stellt sich die Frage, ob es heute tatsächlich nur mehr eine Wahrheit gibt. Die Gesellschaft ist stark fragmentiert und dementsprechend fragmentiert sind auch die vermeintlichen Wahrheiten. Nachrichten werden oft mit einem selbst gewählten oder durch das soziale Netzwerk individuell angepassten Filter gesehen. Gerade über Social Media nimmt man nur mehr einen Teilbereich der Realität wahr. Diese Filterblase kann die eigene Meinung verstärken und so sogar zu radikaleren Einstellungen führen.
Eine wichtige Maßnahme, um Fake News entgegen zu wirken, ist (Bewusstseins-)Bildung. Der Umgang mit Medien muss gelernt und gelehrt werden. Ebenso wesentlich ist der Quellencheck, also das Hinterfragen der Autorin bzw. des Autors und ihrer bzw. seiner Motive (z. B. Propaganda oder Gewinnorientierung).
Sind Polizeischülerinnen und -schüler weniger korrupt als Studierende der Psychologie und der Rechtswissenschaften?
Zu Beginn des zweiten Tages wurde die Studie des BAK und der Hochschule Hannover zum Thema "Einstellungen zu Korruption in Österreich" von Dr. Angelika Schäffer und Frank Heber, MSc präsentiert. Das BAK hat dabei gemeinsam mit der Hochschule Hannover 1.687 Polizeischülerinnen und –schüler sowie Studierende der Rechtswissenschaften und Psychologie befragt und die Einstellung zu Korruption gemessen. Die Werte der angehenden Polizistinnen und Polizisten unterscheiden sich in dieser Studie von jenen der Studierenden, wodurch die Polizei als weniger korruptionsanfällig beschrieben kann.
Korruptionsprävention – Status Quo der Evaluierungen und Entwicklungen
Dr. Oliver Landwehr, Experte des United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC), beantwortete Fragen zum zweiten Evaluierungszyklus im Rahmen der VN-Konvention gegen Korruption. Die Evaluierung zum Thema Korruptionsprävention hat in einigen Mitgliedsstaaten bereits begonnen und wird ab 2018 auch in Österreich erfolgen. Dr. Landwehr erläuterte im Detail das Prozedere der Analysen und der Erstellung der Ergebnisse sowie der Empfehlungen, die auf der UNODC-Homepage publiziert werden.
Mag. Maria Ulmer, Abteilungsleiterin im Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, beleuchtete die Entstehung des Leitfadens des Bundes zum Aufbau von Compliance-Management-Systemen (CMS). Auf Anregung des Rechnungshofes wurde ein einheitlicher Leitfaden erarbeitet, der Hilfestellung für die individuelle Ausgestaltung der CMS-Programme in den einzelnen Ressorts geben soll. Die Compliance-Programme wiederum sollen den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern als Orientierung dienen und die Bewusstseinsbildung fördern. Dabei ist es wichtig, nicht nur festzuhalten, was erlaubt und was verboten ist, sondern auch immer wieder zu schulen. Das BMWFW verfügt über ausgezeichnete Schulungsunterlagen und prüft das Wissen der Führungskräfte sowie seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter regelmäßig in Form von Multiple-Choice-Tests.
Dr. Rene Wenk stellte einen weiterer Leitfaden vor, der im Rechnungshof bei der Prüfung der Korruptionspräventionssysteme des BKA, BMI, BMB und BMLFUW Anwendung fand. Wesentliche Erkenntnisse der Prüfung waren, dass in vielen Bereichen grundlegende Präventionsmaßnahmen vorhanden sind, wie beispielsweise Regeln oder Handbücher, diese aber oft mit zu wenig Leben erfüllt sind. Es fehlen detaillierte Beispiele oder Regelungen. Wenk zu einem der geprüften Gebiete: "Sponsoring ist nicht per se schlecht, es bedarf Richtlinien, die die Vorgehensweise und die Transparenz regeln."
Um solchen und weiteren Problemen bereits vorab entgegenzuwirken, ist man im BAK mit der Implementierung eines Risikomanagementsystems (RMS) mit gutem Beispiel vorangegangen. Dr. Martina Koger, Abteilungsleiterin im BAK, die auch durch die zweitägige Veranstaltung führte, beleuchtete die historische Entwicklung von Risikomanagementsystemen und die Bemühungen, diese Systeme auch im öffentlichen Dienst einzusetzen. Im BAK wurde im Jahr 2015 ein RMS implementiert. Dabei wurden 55 Risiken identifiziert, die bis heute zum Großteil reduziert werden konnten. Die Risiken werden jährlich evaluiert.
Zum Abschluss der Veranstaltung gab Bernd Novotny, Präventionsexperte des BAK, einen Rück- und Ausblick auf das Integritätsbeauftragten-Netzwerk. Er verwies auf weiterführende Informationen auf der im Jahr 2016 eingerichteten Plattform sowie auf der Website (www.integritaet.info), die seit Beginn des Jahres online ist.
12. Juni 2017